Die Krise der Eurozone – eine Standortbestimmung

Eine weitere Vertiefung der Krise der Eurozone bis hin zu deren Auseinanderbrechen ist in den Bereich des Möglichen gerückt.

Diese Krise lässt niemanden unberührt. Politiker, Ökonomen, Journalisten, Banker, Intellektuelle, und Normalbürger geben ihre Meinungen zu Eurobonds, zum unbeschränkten Kauf von Staatsanleihen durch die Europäischen Zentralbank sowie zur Finanzpolitik (Schuldenbremse) ab. Klartext ist erforderlich, und es ist wichtig, die Pro- und Kontra-Argumente für die vorhandenen Handlungsoptionen abzuwägen und zu diskutieren.

Ich lade Dich ein, werter Leser, mit Deinem Kommentar ebenfalls zur Diskussion beizutragen.

Die Krise auf den Punkt gebracht

Die Krise der Eurozone ist Teil der Fundamental-Krise des Finanzkapitalismus

Seit 2007 ist es klar, dass der globalisierte Finanzkapitalismus auf ein grundsätzliches Problem aufgelaufen ist. Dieses Problem lässt sich allgemein wie folgt darstellen:

  • Über Jahrzehnte hinweg ist das Kreditvolumen stärker gewachsen als die Realwirtschaft.
  • Das Finanzvermögen, das zu einem wesentlichen Teil aus Kreditforderungen besteht, ist höchst ungleich verteilt. Die steigenden Forderungen sammelten sich in den Händen von immer weniger Marktteilnehmern, während sich bei vielen Haushalten, Staaten und teilweise auch Unternehmen (besonders jene, die vom Platzen der Immobilien- und Derivativkredit-Blasen betroffen sind) steigende Kreditverbindlichkeiten ergaben, die nun nicht mehr rückzahlbar sind.

    Financial Wealth Distribution USA 2007

    Financial Wealth Distribution USA 2007

  • Die tiefere Ursache dieses Sachverhalts liegt in der Dominanz des Faktors Kapital über den Faktor Arbeit. Diese Dominanz ist daran erkennbar, dass Gehälter und Löhne der meisten Arbeitnehmer seit Jahrzehnten nicht annähernd im gleichen Ausmaß stiegen wie die Produktivität. Profite der Unternehmen und Einkünfte von Top-Managern und Bankern stiegen jedoch in überproportionalem Ausmaß. So ist etwa in den USA eine Einkommens- und Vermögensungleichheit wie 1929 – vor dem Ausbruch der Großen Depression – erreicht.

    Income share (pre tax) of top 1pct, USA 2007

    Income share (pre tax) of top 1pct, USA 2007

In der Eurozone droht eine Schulden-Deflations-Spirale

Wie in der Großen Depression der 1930-er Jahre droht abermals eine Schulden-Deflations-Spirale, wie von Irving Fisher erstmals beschrieben.

  • Kredite sind nicht mehr bedienbar und müssen abgeschrieben werden. Banken geraten in Schwierigkeiten und werden insolvent. Insolvente Banken können ihre eigenen Schulden, die sie zur Finanzierung der vergebenen Kredite aufgenommen haben, nicht mehr bedienen. Dies führt zum Notverkauf von Assets und Preisverfall. Weitere Insolvenzen sind die Folge, die Kreditvergabe gerät ins Stocken.
  • Die Wirtschaft schrumpft, Löhne und Gehälter sowie Preise beginnen zu fallen. Die Arbeitslosigkeit steigt. Die Kaufkraft der Haushalte geht zurück
  • Die Wirtschaft schrumpft weiter, Unternehmen werden insolvent, die Arbeitslosigkeit steigt noch mehr.
  • In einigen Eurozone-Peripheriestaaten hat eine Kombination von Finanzvermögens- und Leistungsbilanz-Ungleichgewichten (Griechenland, Portugal, Spanien), unsolider Finanzpolitik (Griechenland, Italien) und Belastungen aus der sich seit 2007 ausbreitenden globalen Finanzkrise (Irland, Portugal, Spanien) dazu geführt, dass die Schulden-Deflations-Spirale bereits mehr oder weniger stark ausgebrochen ist.
  • Ohne Intervention kommt der Schulden-Deflationsmechanismus auf einem weit niedrigeren ökononomischen Niveau zum Stillstand, nachdem ein beträchtlicher Teil des Real- und Finanzvermögens vernichtet, und hohe Arbeitslosigkeit erzeugt wurde.
Die hohen Zinsen für Eurozone-Staatsanleihen beschleunigen die Auslösung der Schulden-Deflationsspirale
  • Nach dem de-facto Konkurs Griechenlands sehen Investoren ein erhöhtes Insolvenzrisiko für Eurozone-Staaten. Weiters haben sie das Risiko zu kalkulieren, nach dem Auseinanderbrechen der Eurozone Schuldverschreibungen in ‚Neuen Griechischen Drachmen‘, ‚Neuen Spanischen Peseten‘, ‚Neuen Portugiesischen Escudos‘ oder ‚Neuen Italienischen Lira‘ in Händen zu halten.
  • Dies führt zu steigenden Zinsen für Staatsanleihen. Die steigenden Zinsen bewirken, dass den Eurozone-Staaten noch weniger zugetraut wird, ihr Schuldenproblem durch Erhöhnung von Einnahmen und Reduktion von Ausgaben zu lösen.
  • Die Investoren verlangen noch höhere Zinsen – ein positiver Feedback-Loop ist entstanden.

Handlungsoptionen

Eurobonds

Eurobonds führen zu einer Haftungsgemeinschaft von Eurozone-Staaten, für alle oder zumindest einen wesentlichen Teil der Schulden (z.B. 60 Prozent des GDP [Gross Domestic Product, Bruttoinlandsprodukt]). Für diese Option hat sich zuletzt EU-Kommissionspräsident Barroso stark gemacht.

Jose Manuel Barroso

Jose Manuel Barroso

Vorteile und Chancen:

  • Für Investoren wird es glaubwürdiger, dass Kredite für Eurozone-Peripheriestaaten zurückbezahlt werden.
  • Das Risiko eines Zerfalls der Eurozone reduziert sich stark.
  • Die Zinsen für Eurobonds sinken für einige Eurozone-Staaten auf ein erträgliches Maß. Dies ermöglicht den Eurozone-Staaten, durch solide Finanzpolitik (‚Schuldenbremse‘) in die Richtung der Maastricht-Kriterien (60% des GDP) zu bewegen.

Nachteile und Risiken:

  • Bei gemeinsamer Haftung für alle neuen Eurozone-Staatanleihen wird der Anreiz, die Staatsschulden zu stabilisieren bzw. zu reduzieren, beseitigt. Besteht die gemeinsame Haftung nur für einen wesentlichen Teil der neuen Eurozone-Staatsanleihen, dann wird dieser Anreiz beträchtlich vermindert. Dieses Problem wäre erst nach der Implementierung einer Schuldenobergrenze in allen Eurozone-Staaten gelöst.
  • Ungebremste weitere Verschuldung von Eurozone-Peripheriestaaten kann mittelfristig zu Inflation führen.
  • Die Bevölkerung der Kern-Staaten wird einer Haftungsgemeinschaft aller Voraussicht nach äusserst negativ gegenüber stehen.
  • Die inneren Ungleichgewichte der Eurozone und die Fundamental-Krise des Kapitalismus sind nicht addressiert.
  • Es ist unklar, ob die Zinsen für Eurobonds tatsächlich auf ein erträgliches Maß sinken. Es könnte sein, dass Investoren/Spekulanten nach wie vor starkt erhöhte Zinsen verlangen, da sich die Eurozone-Staaten am Markt zu jedem Zinssatz am Markt refinanzieren müssen, falls die EZB nicht ‚mitspielt‘.

Conclusio:

Eurobonds lösen die Krise der Eurozone nicht, solange die Eurozone-Staaten keine einheitliche Schuldenobergrenze implementieren, die inneren Ungleichgewichte in der Eurozone nicht addressiert sind, und der Spekulation nicht wirkungsvoll Einhalt geboten ist. Das Inflationsrisiko sehe ich als vorhanden, jedoch nicht als beträchtlich an – eine milde Inflation von 4 bis 5 Prozent wäre sogar vorteilhaft.
Da Eurobonds die Krise nicht nachhaltig lösen, jedoch den schwerwiegenden Nachteil der Haftungsgemeinschaft verbunden mit Beseitigung der Anreize zur soliden Finanzpolitik mit sich bringen, lehne ich diese Option ab.

Zinsobergrenze für Staatsanleihen

Bei dieser Option lehnen wir uns an den Vorschlag des belgischen Ökonomen Bernard Delbecque an. In einem politischen Prozess wird – abhängig von Kriterien, mit denen der Fortschritt der soliden Finanzpolitik gemessen werden kann – in regelmäßigen Abständen pro Eurozone-Staat die Zinsobergrenze festgelegt, die von der Zentralbank (oder einer anderen Institution, die jedoch über potenziell unbegrenzte Finanzmittel verfügen muss) verteidigt werden soll.

Bernard Delbecque

Bernard Delbecque

Vorteile und Chancen:

  • Die vordefinierten Zinssätze reduzieren die Drohung einer selbsterfüllenden Schuldenkrise beträchtlich.
  • Investoren/Spekulanten würden die Zinsen nicht mehr weiter in die Höhe treiben, da es als unklug gilt, gegen die Zinspolitik der Notenbank anzutreten.
  • Stabilisierte Preise von Staatsanleihen reduzieren die Insolvenzgefahr für Banken, die in großem Umfang Anleihen von Eurozone-Staaten halten, drastisch.
  • Für einige Eurozone-Staaten wird es möglich, mittels solider Finanzpolitik das Verhältnis von Schulden zu GDP zu verbessern. Die Anreize für eine solche Finanzpolitik bleiben bestehen.
  • Ein Haftungsfall für Eurozone-Staaten entsteht erst dann, wenn ein Staat trotz geringerer Zinsen seine Schulden nicht mehr bedienen kann.

Nachteile und Risiken:

  • Mit der Verteidigung einer Zinsobergrenze kommt es voraussichtlich zu einer Erhöhung des in der Eurozone vorhandenen Kreditgeldes. Dies könnte mittelfristig zu Inflation führen.
  • Die EZB ist unabhängig und hat weder die Aufgabe, eine Zinsobergrenze zu verteidigen, noch ist sie gewillt dazu. Die dauerhafte Finanzierung von Staaten ist ihr nach aktueller Rechtslage wahrscheinlich verboten. Eine offene Frage für mich ist, ob sie einen Staat auch dann nicht finanzieren darf, wenn dieser aufgrund des Marktzinssatzes keine andere Möglichkeit mehr hat, als seine Insolvenz zu erklären, oder die Eurozone bzw. Europäische Union zu verlassen.
  • Die Festlegung einer Zinsobergrenze durch die Politik, und anschließende Verteidigung durch die EZB, würde die Unabhängigkeit der EZB beenden.
  • Eine Änderung der Aufgaben der EZB wäre besonders in Deutschland schwer vermittelbar und würde besonders bei der Bevölkerung Inflationsängste entstehen lassen, geschürt durch einige Politiker und Medien.
  • Die inneren Ungleichgewichte der Eurozone und die Fundamental-Krise des Kapitalismus sind nicht addressiert.

Conclusio:

Die Zinsobergrenze für Staatsanleihen ist eine wirkungsvolle Maßnahme, das Auseinanderbrechen der Eurozone vorerst aufzuhalten und Spielräume zu eröffnen. Der sich immer weiter drehenden Zinsspirale wird Einhalt geboten, eine Atempause entsteht. Das Inflationsrisiko halte ich für gering – eine milde Inflation von 4 bis 5 Prozent wäre sogar vorteilhaft. Da die inneren Ungleichgewichte der Eurozone und die Krise des globalen Kapitalismus nicht addressiert werden, sind weitere Maßnahmen erforderlich.
Die Vorteile und Chancen überwiegen aus meiner Sicht deutlich die Nachteile, und ich stehe daher dieser Option positiv gegenüber.

Schuldenbremse und solide Finanzpolitik

Es kommt es zur gesetzlichen Verankerung (bevorzugt im Verfassungsrang) einer Schuldenbremse in den Staaten der Eurozone, mit der eine mittelfristige Rückführung der Staatsschuld auf die Maastricht-Kriterien (60 Prozent vom GDP) angestrebt wird. Unter mittelfristig wollen wir für den Zweck dieses Artikels das Jahr 2020 verstehen, wobei die spezifische Situation eines Staates noch berücksichtigt werden kann. Für diese Option haben sich besonders deutsche Politiker – vor allem die Kanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble – eingesetzt.

Angela Merkel

Angela Merkel

Wolfgang Schäuble

Wolfgang Schäuble

Vorteile und Chancen:

  • Die Eurozone-Staaten signalisieren mit der Schuldenbremse den Märkten, dass sie die Staatsverschuldung auf ein Maß zurückführen wollen, das keinen Zweifel daran lässt, dass sie ihre Schulden zurückzahlen können.
  • Die Schuldenbremse kann individuell implementiert werden. So ist es zum Beispiel möglich, die höheren Staatseinnahmen vorwiegend durch Besteuerung der Top-Vermögenden und Top-Verdiener zu lukrieren.
  • Die Vereinheitlichung der Finanzpolitik erhöht die Hilfsbereitschaft innerhalb der Eurozone.
  • Die Einführung einer soliden Finanzpolitik erlaubt es Staaten, die ihre angespannte Lage trotzdem nicht aus eigener Kraft lösen können, die Unterstützung der anderen Eurozone-Staaten einzufordern.
  • Eine Haftungsgemeinschaft für Eurozone-Staatsanleihen entsteht nicht.
  • Die Unabhängigkeit der EZB bleibt unangetastet. Ein Inflationsrisiko besteht nicht.

Nachteile und Risiken:

  • Eine koordinierte Rückführung der Staatsverschuldung (‚Austerity‘) in den Eurozone-Staaten auf das Maastricht-Kriterium inmitten der schwersten Krise des Kapitalismus seit den 1930-er Jahren treibt die Eurozone in die Rezession, und einzelne Staaten (Griechenland, Portugal, Spanien, Irland, evtl. Italien) in die Depression.
  • Es ist nicht zu sehen, wie die Staatsschulden im Falle von rezessionsbedingt sinkenden Staatseinnahmen und eventuell erforderlichen weiteren Rettungen von systemisch wichtigen Banken überhaupt durchgeführt werden kann.
  • Für einige Staaten der Eurozone ist eine selbständige Rückführung der Staatsschuld auf 60 Prozent des BIP ohne beträchtliche Verarmung und soziale Unruhen nicht machbar. Dies gilt meines Erachtens insbesondere besonders für Griechenland, Portugal, Spanien und Irland, nicht jedoch für Italien und Belgien.
  • Das Risiko der gefährlichen Schulden-Deflations-Spirale erhöht sich. Eine moderate Inflation von 4 bis 5 Prozent ist unter diesen Bedingungen wohl unmöglich.
  • Es besteht keine Garantie, dass die solide Finanzpolitik zu akzeptablen Zinsen auf dem Staatsanleihen-Markt führt. Es besteht daher ein erhebliches Risiko, dass das wesentlichste Ziel der Option nicht erreicht wird.
  • Die inneren Ungleichgewichte der Eurozone und die Fundamental-Krise des Kapitalismus sind nicht addressiert.

Conclusio:

Ein Fortschritt zu einer harmonisierten Finanzpolitik ist zwar zu begrüßen, der aktuelle Vorschlag beendet jedoch die Krise der Eurozone nicht. Er riskiert sogar die Krise zu vertiefen, da Austerity im allgemeinen nicht zu einer Verbesserung des Verhältnisses von Staatsschuld zu GDP führt.
Ich lehne diese Option daher ab, solange es keinen Plan gibt, wie die inneren Ungleichgewichte der Eurozone und das Fundamental-Problem des Kapitalismus, sowie die unakzeptablen Zinsen auf dem Staatsanleihen-Markt zu addressieren sind.

Paul Krugman’s Keynesianisches Rezept

Der US-Nobelpreisträger nimmt in seinem Blog häufig und fundiert zur Krise der Eurozone Stellung. Er trat in der US-Finanz- und Wirtschaftskrise für eine Politik der Vollbeschäftigung nach Keynesianischem Muster ein. In Anbetracht der von den US-Republikanern erzwungenen Schuldenbremse, die weitere Staatsausgaben zur Wirtschaftsbelebung stark behindert, setzt Krugman sich für eine aktive Politik der US-Notenbank mit Erhöhung der Geldmenge und moderater höherer Inflation von 4 bis 5 Prozent ein. Weiters tritt er seit einer brandneuen Studie von Saez und Diamond für drastisch höhere Einkommenssteuern für die oberen 0,1 Prozent der Einkommensbezieher ein, um dem Staat Einnahmen zu verschaffen und die Ungleichheit zu reduzieren.

In seinen Anmerkungen zur Eurozone weist er darauf hin, dass die Schuldenproblematik besser in einer zumindest nominal wachsenden Wirtschaft bearbeitet werden kann. Den Ungleichgewichten zwischen Eurozone-Staaten mit Leistungsbilanz-Überschuss (u.a. Deutschland, Holland) und jenen mit Leistungsbilanz-Defizit (Griechenland, Portugal, Spanien) sollte mit asymmetrischer Inflation – höherer Inflation und Löhnen in den Eurozone-Kernstaaten, Null-Inflation mit stagnierenden Löhnen in den Peripherie-Staaten – begegnet werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Peripheriestaaten zu verbessern. Er tritt dafür ein, dass die EZB wie die Federal Reserve, die Bank of Japan und die Bank of England die Rolle eines ‚lender of last resort‘ spielt, um unzumutbar hohe Zinsen zu bekämpfen.

Paul Krugman

Paul Krugman

Vorteile und Chancen:

  • Die Zinsen für Staatsanleihen sinken auf ein erträgliches Niveau.
  • Das Ungleichgewicht zwischen verschiedenen Staaten der Eurozone wird durch asymmetrische Inflation in Kern- und Peripheriestaaten bekämpft, was die Konkurrenzfähigkeit der Peripherie-Staaten langsam verbessert.
  • Die Fundamental-Krise des Kapitalismus wird durch die Forderung nach hohen Steuern für Top-Einkommensbezieher addressiert.
  • Nominelles Wachstum erhöht die Staatseinnahmen und erleichert Kreditnehmern die Rückzahlung der Schulden.

Nachteile und Risiken:

  • Die Vorschläge Krugman’s tragen direkt wenig zur Stabilisierung der Staatsverschuldung bei. Eine Schuldenbremse wird nicht befürwortet.
  • Die Erhöhung der Geldmenge und eine mögliche weitere Erhöhung der Staatsverschuldung könnte mittelfristig zu Inflation führen.
  • Die Ungleichgewichte zwischen Staaten der Eurozone und die Fundamental-Krise des Kapitalismus werden möglicherweise nicht ausreichend bekämpft.
  • Die Befürwortung höherer Staatsausgaben, einer aktiveren Rolle der EZB, sowie einer milden Inflation von 4 bis 5 Prozent widersprechen dem gegenwärtigen Bewusstseinsstand führender Politiker der Eurozone, sowie den institutionellen Zielen der EZB.
  • Krugman macht keine Angaben, wie lange sein Programm beibehalten werden muss, bevor zu einer soliden Finanzpolitik (Schuldenbremse) übergegangen werden kann.

Conclusio:

Krugman’s Vorschlag würde die Eurozone deutlich stabilisieren. Es würde Zeit gewonnen, und die weitere Entwicklung könnte in Ruhe studiert werden, um ergänzende Maßnahmen zu ergreifen. Die Ungleichgewichte innerhalb der Eurozone werden behandelt, aus meiner Sicht jedoch nicht völlig ausreichend. Es wird nicht auf den Reichtum des Rest-of-the-World Sektors in Griechenland, Portugal und Spanien eingegangen, der drastischere Ansätze nahelegt. Weiters ist die Erhöhnung der Einkommenssteuer für die Top 0,1 Prozent keine ausreichende Kompensation für die Dominanz des Kapitals über den Faktor Arbeit. Auch hier ist mehr erforderlich.

Aufgrund der vielen positiven Elemente der Überlegungen Krugman’s unterstütze ich diese Option. Insbesondere halte ich auch die asymmetrische Inflation für Kern- und Peripheriestaaten und das Anstreben einer milden Inflation für sinnvoll. Die Gefahr einer Hyperinflation ist keinesfalls gegeben, zumal der Staat jederzeit durch Steuererhöhungen gegensteuern kann, wie auch die EZB durch Zinserhöhungen.

Verteilung eines gleich hohen Geldbetrages an alle Bürger der Eurozone

Es wird zunächst einmalig ein gleich hoher Betrag (z.B. 20.000 Euro) an alle Bürger der Eurozone verteilt. Dies kann durch Überweisung auf ein Konto, oder durch die Zusendung von Vouchers erfolgen. Unter Ökonomen wird diese Option gerne als ‚Helicopter Drop of Money‘ bezeichnet.

In der Variante von Robert Skidelsky, einem bekannten britischen Keynesianer, werden Vouchers mit Ablaufdatum verschickt, was nur zu einer vorübergehenden Erhöhung der Geldmenge führt.

In der Variante des scharfsinnigen und originellen Ökonomen Steve Randy Waldman werden durch die EZB Staatsaktien für Eurozone-Staaten im Ausmaß von 20.000 Euro pro Bürger angekauft. Der Staat, der diese Option in Anspruch nimmt, ist verpflichtet mit dem für die Staatsaktien eingenommenen Geld zunächst Staatsschulden zu tilgen. Bleibt danach noch ein Betrag übrig, ist dieser in gleich hohen Teilen an die Bürger zu verteilen, die ebenfalls zunächst ihre Schulden zu tilgen haben, bevor sie einen etwaigen verbleibenden Rest beliebig verwenden dürfen.

Die Option, Geld vom Hubschrauber abzuwerfen – eine scherzhafte Beschreibung eines ernstzunehmenden Vorschlags, wurde einstmals sogar vom Chairman der Federal Reserve Ben Bernanke als ultimatives Mittel diskutiert, was ihm den Spitznamen ‚Helicopter Ben‘ einbrachte. Der Vorschlag wird weiters von Steve Keen, einem wichtigen australischen Ökonomen mit ausgezeichneten Beiträgen zur Schulden-Dynamik, befürwortet.

Robert Skidelsky

Robert Skidelsky

Vorteile und Chancen:

  • Geld, Kreditgeld, oder Vouchers werden in dieser Schuldenkrise nach dem Prinzip der Gleichheit an die Bürger verteilt, um die Schuldenproblematik abzumildern. Es besteht eine gute Chance, dass dies von den Bürgern der Eurozone als gerechte Vorgangsweise angesehen wird.
  • Der absolute Vermögensabstand zwischen den Bürgern bleibt gleich, der relative Abstand verringert sich aber. Damit wird das Fundamental-Problem des Kapitalismus addressiert, das darin besteht, dass die ‚Chips‘ nach und nach zu wenigen Spielern wandern und einige Spieler mit so hohen Schulden übrigbleiben, dass sie eigentlich ausscheiden müssten. Das Spiel kann von neuem beginnen, bis die ‚Chips‘ wieder bei den Gewinnern sind.
  • Ein Teil des verteilten Geld kann für die Tilgung von Schulden verwendet werden, nach Einmal-Steuern auch für die Tilgung von Staatsschulden. (Im Vorschlag Waldman’s ist dies ohnehin verpflichtend.)
  • Ein anderer Teil des verteilten Geldes erhöht den Konsum, erzeugt Wachstum und erhöhte Steuereinnahmen.

Nachteile und Risiken:

  • Fach-Ökonomen und Konservative weisen gerne darauf hin, dass die Gratis-Verteilung von Geld einen falschen Anreiz darstellt. Menschen könnten versucht sein sich darauf zu verlassen, dass Geld bei Bedarf ‚vom Himmel‘ geflogen bekommt und darauf verzichten, sich Geld durch Arbeit zu verdienen.
  • Wird eine derartige Menge an Geld (bei etwa 330 Millionen Bürgern in Eurozone-Staaten immerhin 6,6 Billionen Euro) verteilt, so ist mit Inflation zu rechnen.
  • Die Ungleichgewichte innerhalb der Eurozone werden nicht ausreichend addressiert.
  • Als fiskalische Maßnahme müsste das Geld wohl von den Regierungen verteilt werden, wobei die EZB die Finanzierung übernimmt. Dies ist jedoch nicht die Aufgabe der EZB und würde aufgrund der vorübergehend entstehenden Inflation deren Mandat widersprechen. Weiters ist offen, wie die Verbuchung in der Bilanz der EZB erfolgen kann, um Buch-Verluste zu vermeiden. Mit Widerstand der Zentralbanker ist daher zu rechnen.
  • Die hohen Zinsen am Staatsanleihen-Markt für Eurozone-Staaten sind nicht addressiert.

Conclusio:

Diese faszinierende Option würde eindeutig eine zumindest vorübergehende Entspannung der aktuellen Krise der Eurozone mit sich bringen. Sie hat einige äusserst positive Elemente, da sie das Fundamental-Problem des Kapitalismus, die zunehmenden Einkommens- und Vermögensungleichheiten, auf elegante Art addressiert. Der Schwerpunkt wird mehr darauf gelegt, die Schwächeren mit Kaufkraft auszustatten, als die Stärkeren ausreichend zu besteuern. Ein Soft-Rebalancing wird angestrebt, zumal sich die Wohlhabenden und Top-Verdiener einer wirksamen Besteuerung ihrer Vermögen und Einkommen immer wieder entziehen können.
Aufgrund des positiven Beitrags dieser Option zur Abschwächung des Fundamental-Problems bin ich für diese Option, halte aber deren ausschließliche Anwendung auf Peripherie-Staaten für bedenkenswert. Rationale: wohlhabende Kern-Staaten müssen die Option nicht in Anspruch nehmen, lukrieren aber trotzdem Vorteile, da sie für Peripherie-Staaten weniger haften müssen.
Da der ‚Helicopter Drop of Money‘ das Problem der hohen Zinsen für Eurozone-Staatsanleihen nur unzureichend addressiert, sind ergänzende Maßnahmen erforderlich, um die Märkte in die Schranken zu weisen.

Austritt aus der Eurozone

Staaten, die ihre in Euro denominierte Staatsschuld nicht mehr zahlen können oder die für die Refinanzierung erforderlichen Zinsen nicht bezahlen wollen, treten aus der Eurozone aus. Die Staatsschuld wird dann voraussichtlich in die neue Landeswährung umgewandelt. Die Nationalbank übernimmt wieder die volle Verantwortung für die Geldpolitik. Der Markt reagiert voraussichtlich mit einer starken Abwertung der neuen Währung, wobei ein ‚over-shooting‘ (zu heftige Abwertung) möglich ist.

Die Option des Austritts aus der Eurozone wird unter anderem von Max Keiser vertreten. Aus heutiger Sicht gibt es dafür die folgenden Kandidaten: Griechenland, Irland, Italien, Portugal, Spanien.

Max Keiser

Max Keiser

Vorteile und Chancen:

  • Die Geldversorgung ist sichergestellt, neue Staatsschulden können durch die Notenbank zu einem akzeptablen Zinssatz finanziert werden.
  • Nach Zwangskonvertierung der Staatsschuld in neue Drachmen, Escudos, Irisches Pfund, Lira, Peseten ist deren Bedienung möglich.
  • Die Schulden-Deflations-Spirale kann gestoppt werden. Es wird möglich, für nominales Wirtschaftswachstum zu sorgen.
  • Aufgrund der abgewerteten Währung wird die Wirtschaft des Landes konkurrenzfähiger. Die Leistungsbilanz-Ungleichgewichte mit den verbleibenden Eurozone-Staaten werden addressiert.

Nachteile und Risiken:

  • Das Projekt Eurozone muss als zumindest teilweise gescheitert betrachtet werden. Der Austritt von Eurozone-Staaten stellt die weitere europäische Integration in Frage.
  • Durch die Abwertung der neuen Währung entsteht hoher Wertberichtigungsbedarf für jene, die Staatsanleihen des austretenden Staates halten. Dies kann kaskadierende Zusammenbrüche von Banken in den Eurozone-Reststaaten verursachen.
  • Der austretende Staat ist nicht mehr in die Eurozone, oder sogar nicht mehr in die Europäische Union integriert. Dies kann zu geringeren Entwicklungsmöglichkeiten führen.
  • Das Fundamental-Problem des Kapitalismus wird nicht addressiert.

Conclusio:

Sollte die Eurozone daran scheitern, auch für die Peripherie-Staaten einen akzeptablen Ausweg aus der Krise zu finden, bleibt diesen nur mehr der Austritt. Dieser ist dann trotz seiner Nachteile zu befürworten. Derzeit hoffe ich noch auf eine Überwindung der Krise ohne ein Scheitern des Projekts Euro (oder sogar Europäische Union), wobei die Chancen dafür geringer geworden sind.

Abschließende Bemerkungen

Timing:

Die hohen Zinsen für Italien und Spanien könnten eine Entscheidung darüber, ob die EZB die Rolle als ‚lender of last resort‘ spielt oder die Eurozone auseinanderbricht bereits innerhalb der nächsten Monate erzwingen. Die Einschätzung von einigen Analysten ist, dass Italien die Anfang 2012 fällig werdenden 300 Milliarden Euro am Markt keinesfalls zu akzeptablen Zinsen wird refinanzieren können. Bei Freigabe dieses Postings fanden sich in den Medien auch Gerüchte über einen IWF-Kredit in Höhe von 600 Milliarden Euro an Italien, sowie über gemeinsame ‚Elite-Bonds‘ der Triple-A-Eurozone-Staaten (Deutschland, Finnland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Österreich). Es bleibt also spannend, und weitere Optionen tauchen plötzlich auf.

Ich hoffe, mit dieser erweiterten Behandlung von Optionen zur Überwindung der Krise der Eurozone ausreichend ‚Food for Thought‘ geliefert zu haben. Kommentare, welche die Qualität des Postings verbessern, werde ich voraussichtlich in den Artikel einarbeiten, soferne der/die KommentatorIn dies nicht für unerwünscht erklärt.

Wer sich bis hierher durchgekämpft hat, verdient den folgenden musikalischen Leckerbissen:

5 Kommentare

Eingeordnet unter Eurobonds, Finanzvermögen, Helicopter Drop of Money, Income Inequality, Inequality, Krise des Kapitalismus, Markt für Staatsanleihen, Public Debt, Schuldenbremse, Wealth Inequality, Wirtschaftswachstum, Zinsobergrenze

5 Antworten zu “Die Krise der Eurozone – eine Standortbestimmung

  1. Christian Hofmann

    Eine tolle Auflistung aller bisher publizierten Optionen mit ihren Folgen.
    Inspiriert vom Macro Accounting, das Gerold so anschaulich dargestellt hat, drängt sich eine weitere Option auf:
    Radikal-Rückführung des Finanzmarktkapitalismus auf die Realwirtschaft. Die Sektoren der Volkswirtschaften werden nach Bilanzpositionen bewertet (wie bei einem Unternehmenskauf, einem Unternehmensausgleich). Die Ergebnisse müssen von den Ratingagenturen, IWF, EZB und allen anderen Handelnden (Banken, Staaten,….) akzeptiert werden. Daraufhin wird nach einer fixen Regel der Zinssatz der Staatsanleihen, Währungskurse festgelegt, „Marshall-Pläne“ für die Verliererstaaten geschnürt. Wichtig um wieder zu einer funktionierenden Marktwirtschaft zu gelangen ist alle Finanzmärkte von Leerverkäufen, Überbewertungen über die realen Werte hinaus zu befreien, um nach einer Zeitspanne von einem Jahr wieder Marktmechanismen greifen zu lassen. Die Zahler dieses weltweiten Ausgleichs wären Investmentbanken und hochspekulative Anleger. Pensionsfonds und andere institutionelle Anleger (also die Verwalter der Vermögen des Mittelstands und somit der Mittelstand selbst), die aus den hochspekulativen Transaktionen bereits ausgestiegen sind oder nie drinnen waren, kommen so nicht zu Schaden.

    • Christian,

      es wäre schön, wenn es so eine autorisierte und allgemein akzeptierte ‚Due Diligence‘ für Eurozone-Staaten, wie von dir vorgeschlagen, gäbe. Von dieser könnten Restrukturierungsmaßnahmen abgeleitet werden, zu denen jedenfalls akzeptable Zinssätze für Staatsanleihen, ein Ende der Schulden-Deflations-Spirale, und irgendeine Form der nachhaltigen ‚Bewässerung‘ der monetär ausgetrockneten Peripheriestaaten gehören müssten.

      Für mich ist es schwer verständlich, dass die EZB und die Eurozone-Kernstaaten Besitzstandswahrung und moralische Argumente über alles stellen, und dabei das Finanzvermögen ihrer Klientel erst recht gefährden. Die Vorteile einer in den Peripheriestaaten wiederhergestellten Zirkulation einer ausreichenden Geldmenge werden nicht ausreichend gewürdigt.

      Ökonomisch effiziente Optionen, wie die Reflationierung ‚von unten‘ – wie beim diskutierten ‚Helicopter Drop of Money‘ – werden nicht einmal andiskutiert, sondern üblicherweise gleich mit der Argument des ‚Moral Hazard‘ – der für nahezu alle anderen sinnvollen Optionen ebenfalls gilt – verworfen.

      Gerold

  2. Alfred Felsberger

    Hallo Gerold,

    eine wunderbare Zusammenfassung der politischen Optionen. Man muss, soweit es geht, zwischen Überakkumulationskrise und Währungskrise unterscheiden. In den USA und Japan wirkt nur die erstere, in Europa greifen beide Krisen ineinander. Die Maßnahmen, die in den USA aktuell greifen, könnten in Europa zu wenig sein.

    Die billigste und einfachste Option zur Milderung der Währungskrise ist die Zinsobergrenze. Die Handlungsweise der Schweizer Notenbank bei der Stabilisierung des CHF zeigt, dass das Ausrufen einer Grenze den Markt fast naturgesetzlich in diese Richtig treibt. Auf lange Sicht freilich wird der EU die Abspaltung der schwachen Staaten nicht erspart bleiben.

    Eine dauerhafte Finanzierung der Defizit-Staaten über die EZB, den EFSF oder Eurobonds zeitigt nicht kalkulierbare Verteilungswirkungen in den Überschuss-Staaten. Das heisst: das von dort abgezogenen Geld kennt als Ursprung immer nur die breite Masse. Gerade die wird sich mit Wucht gegen die Finanzierung der Defizit-Staaten stemmen.

    Am ehesten ist eine Täuschung denkbar, indem die Transferzahlungen über die Ausdehnung der Geldmenge erfolgen. Doch selbst wenn diese Täuschung gelingt, bleibt das Problem, dass die transferierten Gelder auch in den Defizitstaaten eine negative Verteilungswirkung zeigen: Sie landen nämlich überwiegend in den Taschen der dortigen Banken.

    Auf beiden Seiten der Demarkationslinie, die noch dazu fliessend ist, wird der Druck auf die nationale Politik so gross werden bis die Europäische Union auseinanderbricht. Sei es durch den freiwilligen Austritt der Defizit-Staaten oder durch deren Ausschluss. Auf Dauer kann sich keine Politik gegen strukturelle Ungleichgewichte stemmen.

    Was die Überakkumulationskrise betrifft, ist die Lage noch viel verquickter. Seit Jahrzehnten schon verharrt die Kapazitätsauslastung in den entwickelten Staaten auf niedrigem Niveau. Die Profitrate wird nur durch räumliche Ausdehnung gehalten. Sind China, Indien, Brasilien, etc. abgeschöpft, droht die Eskalation. Ein Schelm, der da noch an den Nationalstaat glaubt.

    Alfred

    • Alfred,

      ich teile deine Einschätzung, dass es für die EZB machbar ist, für ALLE Eurozone-Staaten eine Zinsobergrenze zu verteidigen.

      Spannend finde ich deine Ausführungen zu möglichen Varianten der Addressierung der strukturellen Ungleichgewichte innerhalb der Eurozone-Staaten sowie der Fundamental-Krise des Finanzkapitalismus. Eine interessante Überlegung ist auch, dass Transfers am ehesten über eine Ausweitung der Geldmenge als akzeptabel erscheinen.

      Paul Krugman erhofft sich von moderater Inflation zur Kur der Überakkumulationskrise ähnliche Akzeptanz. Doch die Besitzstandswahrer sind auf der Hut und weisen sofort darauf hin, dass all dies zu Lasten der ‚Saver‘ geht, deren Geld ‚diluted‘ wird.
      Beispiel einer typischen Headline: ‚You Call It Inflation, I Call It Theft‘.

      Gerold

  3. Alfred Felsberger

    Hallo Gerold,

    Die Bestimmungsfaktoren der Inflation sind unergründbar und entziehen sich jeder politischen Planung. Ich verweise auf das aktuelle Paradoxon geringer Kapazitätsauslastung mit steigenden Produzentenpreise, eine Konstellation, die nach jeder Lehrbuchmeinung ausgeschlossen ist. Oder auf die Tatsache: dass gerade der OECD-Staat mit der expansivsten Geldproduktion, Japan, die geringsten Inflationsraten aufweist.

    Zudem befinden wir uns, seitdem das Kapital sich globalisiert hat, in einer Welt „gleichzeitiger Ungleichzeitigkeiten“. Die letzte Konjunkturkrise 2008 hat das überdeutlicht gemacht. Nach einem ersten Schock, der alle Regionen gleichzeitig erfasste, fanden wir uns binnen kurzer Zeit in einer Situation wieder, in der das Wachstum der BRICS-Staaten explodierte, während die restliche Welt stagnierte.

    Eine Überbetonung staatlicher Politik ist daher auf das Schärfste zurückzuweisen. Die Kapitalströme gehorchen nicht dem Wunschdenken der Politiker sondern einzig und allein: der Profitrate. In einer Welt, in der die Arbeitskosten dermassen divergieren und der Arbitrage Tür und Tor geöffnet ist, kann nationale Politik nur mehr die Rolle eines Kommentators einnehmen, der sich selbst zu wichtig nimmt.

    Alfred

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